„Pulse of Europe“, eine Graswurzelbewegung, ist die Erfindung von Sabine und Daniel Röder aus Frankfurt/Main als Reaktion auf die Wahl von Donald Trump, dem Brexit und dem wachsenden Erfolg von Le Pen, Wilders und der AfD. Vor allem in Deutschland, aber auch in ganz Europa treffen sich sonntags in vielen Städten Menschen, um für etwas zu sein. Genauer gesagt, um für Europa einzustehen. Ein Europa, das vor 60 Jahren mit den Römischen Verträgen begann, einen europäischen Traum in einem Vereinigungsprojekt zu realisieren, das sich als neuer Schritt in der Weltgeschichte erwies. Ein Europa, über das Federica Mogherini, die Aussenbeauftragte der EU, an der Sicherheitskonferenz in München im Februar dieses Jahres zur Verwunderung der Anwesenden sagte, dass es in einem viel besseren Zustand sei, als die Europäer wahrhaben wollen. Sie spricht von Menschenrechte, Gesetzestreue, Verlässlichkeit, Gleichberechtigung und den Kampf gegen den Klimawandel, Werte, um die Europa von Gesprächspartnern ausserhalb von Europa beneidet wird.
Für Teilhard de Chardin sind solche kollektiven Vereinigungsprozesse, wie wir sie seit Jahrzehnten in Europa erleben, eine Frucht der Urkraft des Kosmos. Die Essenz seiner Spiritualität formuliert er so: „Im Herzen der Materie ein Herz der Welt, das Herz eines Gottes“, Dieses Herz strahlt ein universales Feuer der Liebe aus, ein Geschenk des Geistes, das auf allen Ebenen der Evolution vereinigt und verwandelt. Teilhard ist kein Naivling, er kennt die menschliche Angst vor Nähe und weist immer wieder in seinen Schriften darauf hin, wieviel Mühsal mit solchen Wachstumsschritten verbunden ist. Aber letztlich gibt es keine Alternative: „Liebt euch oder ihr geht zugrunde.“ Lieben zu lernen – das also ist unsere Lernaufgabe!
Welche Aufgabe kommt uns Kontemplierenden in diesem Prozess der europäischen Einswerdung zu? Wer regelmässig kontempliert, weiss, dass unser Sitzen egozentriert bleibt, wenn es nicht in den Dienst von Grösserem gestellt wird. Europa sucht seine Seele, ohne die es die Herausforderungen, die sich ihm derzeit stellen, nicht bewältigen kann. Wer, wenn nicht wir Kontemplierenden könnten zur Beseelung dieses Kontinents beitragen. Das beginnt mit einem neuen Blick für das Zusammenspiel des Ganzen; das kann unsere Ängste vor Vereinigung in Freude und Wertschätzung für Verschiedenheit verwandeln; das öffnet unser Herz und befähigt uns zu Mitgefühlt und Solidarität für jene, die benachteiligt sind und leiden. Wir bauen mit an einem Energiefeld, das innerlich bereitet, was sich äusserlich manifestieren will; ein Energiefeld, das die Freude an einer neuen Verbundenheit als kollektive Erfahrung in Europa wachsen lässt, gerade so, wie es zur Zeit in vielen Städten Europas, angeregt durch das Ehepaar Röder, geschieht.
Hildegard Schmittfull, Mai 2017