Bernd Schille, Kontemplationslehrer der via Integralis und freier Seelsorger, Teilnehmer am 2. Lehrgang wurde 2011 von Pia Gyger und Niklaus Brantschen zum Kontemplationslehrer ernannt. Er gründete zusammen mit seiner Frau Christiane Singer-Schille vor 18 Jahren in Theley das ANSHIN SCHALOM ZENtrum für Kontemplation und Spirituelle Begleitung. In den letzten drei Jahren wurden ihre Aktivitäten zunehmend mit dem Anliegen des Friedens verbunden. Was da gewachsen ist, schildert Bernd Schille in diesem sehr persönlichen Rückblick.
Wie Edith Stein mich nach Ausschitz-Birkenau rief: 09.08.1942 – 09.08.2009
2009 am 09.08. kontemplierte ich zusammen mit einer Besuchergruppe im ehemaligen Konzentrationslager Ausschwitz im Abschnitt Birkenau. Es war Sonntagmorgen, der Wind blies kühl und kräftig. Über mir wölbte sich ein tiefblauer, glasklarer Sommerhimmel im Lagerabschnitt Birkenau, nahe dem Ort, wo Edith Stein damals am selben Tag im August, dem 09.08.1942 im Gas den Tod fand und anschließend verbrannt wurde. Warum ich hier landete, beruhte auf einem unscheinbaren Impuls, nicht auf einer vernünftigen Absicht. Der Todestag von Edith Stein, der 9. August, ist mein Geburtstag, ein Zusammenhang, der mir erst beim Hinflug bewusst wurde. „Wir halten immer einen Platz vor, weil Edith uns am Ende noch jemanden schickt“, hatte Hildegard, unsere Begleiterin mir am Telefon versichert. Heute am 09.08. feierte ich Geburtstag: Ich wurde 52. Edith war 51 Jahre alt, als sie starb. Sie konnte ihren 52. Geburtstag, der am 12.10.1942 auf sie wartete, nicht mehr erleben. Sie musste mit 51 Jahren sterben: Ein Leben endet, ein neues Leben beginnt. Man sagt, Jesus sei im 33. Lebensjahr gekreuzigt wurde. Eine Mitreisende rechnete die Quersumme von Ediths Todesdatums aus: 9+8+1+9+4+2=33.
Wie Johannes vom Kreuz Marken setzte: T-1542
Das Buch, an dem Edith gegen Ende ihres Lebens arbeitete, beschrieb die Mystik des Johannes vom Kreuz. „Kreuzeswissenschaft“, so lautet der Titel. Ich war gerade einen knappen Tag aus Auschwitz zurück, da geriet meine Frau mit dem Auto unverschuldet in einen Unfall. Das Brustbein war gebrochen, – ein glimpflicher Ausgang. Der Wagen hatte Totalschaden. Wir bekamen einen gebrauchten und ein neues Nummernschild: WND-T-1542. Das T (griech. Buchstabe Tau) ist ein gängiges Zeichen für das christliche Kreuz. Die 4-stellige Zahl dahinter weist das Geburtsjahr des Johannes vom Kreuz aus. Nun fiel mir eine weitere Merkwürdigkeit auf: Johannes vom Kreuz war 1542 geboren und starb 1591 mit 49 Jahren, Edith Stein kam 1891 zur Welt und starb 1942 mit 51 Jahren. Genau 300 Jahre liegen ihre Lebensspannen auseinander. Nur wenig später am 14.12.2009 haben mich zwei Beauftragte des Trierer Bischofs „in den Senkel“ gestellt: Der Sektenbeauftragte befand: Zen-Meditation und Christsein seien unvereinbar. Mir wurde untersagt, weder beruflich noch öffentlich Zazen zu üben. „Mein“ 14.12. war der Todestag des Johannes vom Kreuz. Mir zum Trost ist er für mich schon lange ein treuer Begleiter.
Sterben für den Frieden – Edith Steins Vermächtnis
Das Leben konnte man Edith Stein nehmen, die Verfügung darüber aber behielt sie in der Hand. In kluger Voraussicht gab sie ihrem Sterben einen Sinn. Neben anderem widmete sie ihren Tod dem Frieden. Die vorgängige innere Erfahrung des Holocaustes in einem Sesshin, bei der ich das Schicksal der Opfer wie das der Täter innerlich im Erleben berühren durfte, überforderte mich zunächst. Mit Ediths Hilfe begann sie sich langsam zu integrieren. Ihrem Vermächtnis folgen wir mit der Ausrichtung unseres „ZENtrum für Kontemplation“ in Theley: Anshin und Schalom sind die Namen. Beides beschreibt einen Frieden jenseits wohlfühliger Zufriedenheit. Der Weg nach innen stellt uns hinein in eine friedlose Welt. Er führt uns unter das Kreuz.
Dasein für den Frieden – Unsere Friedensinitiative entsteht
Edith Stein und Johannes vom Kreuz sind unsere Meditationsräume namentlich gewidmet.
Seit Januar 2016 laden wir 1 x im Monat an einem Samstag zum „Meditieren für den Frieden“ ein. Zwölf Menschen gehören zur Initiative und sind regelmäßig dabei; andere kommen ab und an als Gäste dazu. „Diese Übung wirkt überall hin“, hat uns im November 2016 meine über 90 Jahre alte, erste Zenlehrerin mit auf den Weg gegeben und mich als ihren „Sohn“ beauftragt, ihre Arbeit im Saarland fortzuführen. Wir sind verbunden mit allen Menschen in der Via Integralis oder anderswo, die zum Frieden unterwegs sind.
Friedensmarsch – meditierend für den Frieden unterwegs
Im Herbst 2018 haben wir einen „Friedensmarsch“ organisiert und wählten bewusst dieses Label, unter dem seit dem II. Weltkrieg jedes Jahr zahlreiche Menschen und Gruppen aus verschiedenen Nationen sich aufmachen, um ein Zeichen für den Frieden in der Welt zu setzen. Am 06. Oktober brachen wir auf dem Chemin de Saint Jacques von Theley auf und kamen am 13. in Vézelay (Frankreich) an, an dem Ort, an dem Bernhard von Clairvaux 1146 zum 2. Kreuzzug aufrief. Sieben Tage lang gehend und meditierend war es ein starkes inneres und äußeres Erlebnis für die xy Teilnehmenden Frauen und Männer.
Teilnehmende am Friedensmarsch 2018, von links: Hildegard, Ursula, Ruth, Rosemarie, Gisela, Gabriele, Esther, Monika, Werner, Christiane (nicht abgebildet: Bernhard).
Auch 2019 sind wir wieder Meditierend unterwegs für den Frieden:
- LORRAINE auf dem Jakobsweg – Pilgern für den Frieden von Saarbrücken nach Metz.
Acht Stille Frühlingstage als kontemplative Exerzitien von Samstag, 07.bis Samstag 13. April 2019 - BOURGOGNE auf dem Jakobsweg – Acht Stille Sommertage als kontemplative Exerzitien von Samstag, 27. Juli bis Samstag, 03. August 2019
Weitere Information: www.zenkon.de/
Bernhard Schille, November 2018