Hintergrund, Hugo E. Lassalle

Wohin geht der Mensch?

Hugo E. Lassalle SJ (1898-1991):

Diese Frage ist wohl die Frage unserer Zeit. In verschiedensten Schattierungen kommt sie zum Ausdruck. In den meisten Fällen steht Besorgnis im Hintergrund, Besorgnis nicht nur um einzelne sondern um die Menschheit als Ganzes. Die Menschheit steht an einem Wendepunkt.

Das Problem des Weltfriedens ist in erster Linie eine Frage des menschlichen Herzens. In der gegenwärtigen Weltstunde kommt der Mensch nicht zur Ruhe, wenn es ihm nicht gelingt, sich diese neue Dimension, das neue Bewusstsein, zu eigen zu machen. Das muss jeder Mensch selbst tun. Wir sollten nicht weit von uns entfernt suchen, sondern uns bemühen, im täglichen Leben Menschen des Friedens zu sein. Viele Erscheinungen unserer Zeit sind als die Geburtswehen des neuen Menschen anzusehen. Die Menschheit leidet unter dieser Geburt ebenso wie jede Mutter, die ein Kind zur Welt bringt.

Gerade an diesem Punkt kommt es auf Meditation an: vor allem die ungegenständliche Meditation wie Zen befähigt uns, den latenten Dualismus und die daraus resultierende Feindschaft mit der Folge des Krieges aufzufangen und das kosmische Ganze als Einheit zu erfahren. Von dieser Erfahrung der Einheit her wird allmählich die Feindschaft und der Krieg in uns selbst und in unserer Umwelt überwunden.

Auszug aus: Mein Weg zum Zen, Köselverlag 1988. Hugo E. Lassalle überlebte den Atombomben-Abwurf über Hiroshima. Er ist Pionier des christlich-buddhistischen Dialogs und Namensgeber für die Lassalle-Kontemplations-schule via integralis.